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Donnerstag, 23. Januar 2014

Gute Zeiten für Juristen, schlechte Zeiten für Anleger Nun brechen gute Zeiten für Juristen an. Es muss zunächst geprüft werden, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

 

Prokon: Ein Lehrstück über Anlagerisiken

 
 
Liebe Leser,
über diese Pleite wird wohl noch lange geredet: Der Windkraft-Finanzierer Prokon hat am Mittwoch beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz beantragt.
Deutschlandweit müssen nun 75.000 Anleger um ihr Geld bangen, es geht um insgesamt stolze 1,4 Milliarden Euro.

Verbraucherschützer warnten schon lang vor Schneeballsystem

Dem Insolvenzantrag vorausgegangen war ein bis dato beispielloses Drama. Medien und Verbraucherschützer hatten schon seit längerem davor gewarnt, hinter dem Prokon-Investment könnte ein Schneeballsystem stecken.
Immerhin bis zu 8 Prozent Zinsen sollten die Inhaber von Genussscheinen – und über diese finanzierte sich das Unternehmen maßgeblich – erhalten, eine utopisch hohe Rendite, die sich allein durch die Finanzierung von Windparks und Biomasse-Energiegewinnung kaum reinholen ließ.
So richtig überprüfen konnte das zwar niemand, denn Prokon blieb transparente Jahresberichte oder Zwischenbilanzen schuldig. Auch wies das Unternehmen selbst jegliche Vorwürfe zurück, Zinsen von Altanlegern würden durch frisches Kapital von Neuanlegern getilgt.

Prokon gab den Druck an die Anleger zurück

Doch offenkundig wurde es den Investoren in den vergangenen Monaten zunehmend zu heikel. Sie kündigten ihre Genussscheine – und brachten Prokon damit in Bedrängnis.
So sehr, dass sich die schleswig-holsteinische Firma Anfang Januar zu einem Schreiben veranlasst sah, das es so auch noch nicht gegeben hatte: In eindringlichen Worten warnte die Geschäftsführung vor einer Insolvenz, sollten bis zum Montag dieser Woche nicht mindestens 95 Prozent der Genussrechteinhaber zusichern, ihr Kapital frühestens im Oktober 2014 abzuziehen.
Die verbliebenen Anleger reagierten entsetzt, ebenso wie Schutzvereinigungen, die gar „Erpressung“ witterten. Dem zumindest widersprach inzwischen ein Gericht. Nach seiner Auffassung war es legitim, den Anlegern schriftlich vor Augen zu führen, dass ein massenhafter Kapitalabzug zur Firmenpleite führen kann.
Jetzt ist es also soweit. Bis zur Frist am Montag bekannte sich nur rund die Hälfte der Genussscheininhaber zu Prokon – das ist ein durchaus beachtlicher Erfolg, reicht aber nicht aus.

Gute Zeiten für Juristen, schlechte Zeiten für Anleger

Nun brechen gute Zeiten für Juristen an. Es muss zunächst geprüft werden, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Darüber hinaus sollten sich auch die Anleger wappnen. Denn die Tücke von Genussscheinen offenbart sich in der Insolvenz: Sie werden nachrangig behandelt.
Will heißen: Erst wenn alle anderen Gläubiger ihren Anteil aus der Insolvenzmasse erhalten haben, beginnt die Resteverteilung an die Genussrechteinhaber.
Da wird wohl nicht viel übrig bleiben, ein Großteil des Kapitals dürfte futsch sein. Nach Genuss klingt das kaum.

Entscheidung über Insolvenzverfahren wohl erst im Frühjahr

Gewiefte Anwälte haben sich allerdings bereits Schlupflöcher ausgedacht, um Anleger in der Schlange der Gläubiger nach vorne zu pushen: Könnte Prokon etwa ein Prospektfehler nachgewiesen werden – zum Beispiel, wenn es sich eben doch um ein Schneeballsystem gehandelt hätte und das angelegte Kapital nicht wie versprochen in erneuerbare Energien gesteckt wurde –, dann wären die geschlossenen Verträge womöglich unwirksam.
Wohin die Reise geht, ist derzeit noch völlig offen. Ob es überhaupt zu einem Insolvenzverfahren kommt, wird sich wohl erst im April final entscheiden.
Wie es dann weitergeht mit Prokon, ist ebenfalls unklar – über eine Planinsolvenz könnte das Unternehmen und ein Teil des Kapitals gerettet werden, denkbar wäre aber auch eine Zerschlagung.

Ein Lehrstück über Anlagerisiken

So oder so, Prokon wird wohl noch Generationen von Anlageberatern als Lehrstück dienen: Die Finanzierung langfristiger Vorhaben durch kurzfristig kündbare Genussscheine ist mit hohen Risiken für beide Seiten verbunden.
Sicherlich war es ein Managementfehler, Prokon in dieser Weise aufzuziehen. Doch auch als Anleger muss man sich fragen, warum man darauf reingefallen ist.
Denn gerade bei Geldanlagen sollte eines immer klar sein: je höher die versprochene Rendite, desto höher auch das Risiko eines – im schlimmsten Falle – Totalverlusts.
Ob es für die zigtausenden Prokon-Anleger wirklich soweit kommt, werden die nächsten Monate zeigen.
Herzlichst
Ihr
David Gerginov

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