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Dienstag, 14. Januar 2014

Göddecke rechnet bei Prokon mit einer Regelinsolvenz und sieht darin die aus Anlegersicht bessere Lösung. Eine Eigenverwaltung sei angesichts der vorliegenden Strafanzeigen fraglich.

WindkraftunternehmenProkons Milliardenfrage

  ·  Der dramatische Appell des Windkraftunternehmens Prokon an seine Anleger zeigt Wirkung. Doch per saldo wird das Prokon nicht retten. Unterdessen raten Anwälte Anlegern zur Klage statt zur Kündigung.
Der Windkraftspezialist Prokon kämpft ums Überleben. Der Versuch, die Anleger dazu zu gewinnen, von Kündigungen abzusehen und diese zurückzunehmen, zeigt etwas Wirkung. Das gilt zumindest, soweit es die von Prokon im Internet veröffentlichten Erfolgsmeldungen betrifft.
Demnach wurden Kündigungen von Genussrechten im Umfang von knapp 10 Millionen Euro zurückgenommen. Das Genussrechtskapital stieg daher laut Prokon seit Montag von 1,38 auf 1,3999 Milliarden Euro. 143.771 Euro wurden am Dienstag bis 12 Uhr eingezahlt, die Zahl der Genussrechtsinhaber stieg um 76 auf 75.257. Auch die Zahl der „Freunde von Prokon“ stieg um 616 auf derzeit 3515.
Retten wird das Prokon aber nicht. Das Volumen der zurück genommenen Kündigungen beträgt gerade einmal 0,7 Prozent des Genussrechtskapitals, die Einzahlungen sind verschwindend gering. Doch Prokon benötigt bis Montag Zusagen über 1,33 Milliarden Euro an Genussrechten. Bislang sind es noch nicht einmal 80 Millionen.
Derzeit sind aber Genussrechte von 187,71 Millionen Euro gekündigt. Das sind zweieinhalb mal soviel wie maximal verkraftbar . Insgesamt sind also bisher lediglich etwas mehr als 5 Prozent der nervös gewordenen Inhaber der Aufforderung des Unternehmens nachgekommen sind. Und die Solidarität der „Freunde von Prokon“ bringt kein Geld.

Mehr Ab- als Zuflüsse

Vor allem aber ist seit dem vergangenen Freitag die Zahl der Kündigungen weit stärker gestiegen als die der Neuanlagen und Stillhalteerklärungen. Seit Freitag wurden neue Kündigungen im Volumen von mehr als 37 Millionen Euro ausgesprochen, aber nur für rund 1,4 Millionen Euro zurückgenommen.
Interessant ist die Überlegung, warum Prokon von mindestens 95 Prozent des Genussrechtskapitals eine explizite Überlassungszusage benötigt. Die vorgelegten Zahlen legen ja den Schluss nahe, dass Prokon operativ profitabel ist. Indes geben diese keinen Aufschluss über die Mittelflüsse. Daher ist es durchaus möglich, dass trotz ausgewiesener operativer Gewinne auch vor Genussrechtskündigungen schon Geld aus dem Unternehmen abfließt. Das ist ein durchaus normales Rechnungslegungsergebnis. Deswegen eignet sich die Kennziffer Ebitda auch nur bedingt zur Unternehmenssteuerung.
Kapitalüberlassungszusagen sind häufig anzutreffen, wenn Banken überlegen, einem angeschlagenen Unternehmen die Kreditlinien zu kündigen oder keine neuen Kredite zu gewähren. Dann stunden etwa Gesellschafter Darlehen oder werden Anleihengläubiger aufgefordert, Restrukturierungen zuzustimmen. Prokon hat Finanzverbindlichkeiten fast ausschließlich gegenüber Genussrechtsinhabern. Ginge es nur darum, würde ein einfaches Stillhalten genügen. Muss Prokon das Stillhalten gegenüber Dritten belegen? In Frage kommen Dabei könnten die rund 20 Millionen Euro an Bankkrediten, die das Unternehmen laut eigenem Ausweis zum 31. Oktober in der Bilanz stehen hatte.

Anwälte raten zur Klage

Die auf Geldanlagerecht spezialisierte Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte rät von Kündigungen der Genussrechte ab. Anleger sollten lieber vor Gericht klagen. Angesichts der von der Kanzlei erwarteten Insolvenz sei eine Kündigung vergebene Liebesmühe und liefe aller Voraussicht nach ins Leere. Im Insolvenzfall werde es bei Prokon sicher nicht genug Vermögen geben, um die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen, daher sei es für Anleger wichtig, ihre Forderungen aufzuwerten. Denn Genussrechtsforderungen sind gegenüber fast allen anderen Forderungen nachrangig.
Über eine Klage aber könnten die Gläubiger ihre Position verbessern. Göddecke hält Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Prokon für intransparent und die Verträge unwirksam. Das aber würde die Genussrechtsgläubiger bei Verteilung der Insolvenzmasse besser stellen. Darüber hinaus seien Schadensersatzansprüche denkbar. Die Kanzlei beruft sich dabei auf Prokons „Jonglieren mit Zahlen in der Anlegerkommunikation“ oder auf die Zahlung von Zinsen aus frischem Anlegerkapital.
Der Klageweg sei selbst bei einer denkbaren Sanierung besser. Auch in diesem Fall müsse Prokon das Geld dann zurückzahlen. Außerdem unterlägen die Gläubiger anders als nach einer Kündigung ihrer Genussrechte zum jetzigen Zeitpunkt nicht dem Risiko einer Anfechtung ihrer Ansprüche durch den Insolvenzverwalter. Göddecke rechnet bei Prokon mit einer Regelinsolvenz und sieht darin die aus Anlegersicht bessere Lösung. Eine Eigenverwaltung sei angesichts der vorliegenden Strafanzeigen fraglich.

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